1979er Clénet Series 1

Clenet
Clenet Series 1
Erstbesitzer Clint Eastwood schätzte Exclusives.

Clint‘s Clénet – Limited Edition Modern Classic aus prominentem Vorbesitz: Der 1979er Clénet Series 1

Aufs Chassis eines Continental Mark IV eine MG Midget-Kabine gestellt, die übrige Karosserie handgefertigt und das Ganze mit allerlei feinem Zierrat zu einem bemerkenswerten Gesamtkunstwerk abgerundet? So sah in den späten 70ern das teuerste Auto aus Amerika aus!

Modern Classics, den schweren Nobelhobeln der Great Gatsby-Ära mehr oder weniger stilsicher nachempfundene Kleinserien-Luxusautos, waren ab Anfang der 1970er für einige Zeit das car-to-have, wenn a) schon Fleetwood, Bentley und 450 SEL 6.9 in der Garage standen oder b) man Hollywood-Kreisen angehörte und besser dann und wann auf dem Sunset Boulevard in einem solchen Exoten gesehen wurde. Brooks Stevens hatte den Trend 1963 mit seinem dem Mercedes SSK huldigenden Excalibur losgetreten, James O’Donnell hatte sogleich mit dem Stutz auf Pontiac Grand Prix-Basis geantwortet, da fühlte sich ab 1976 auch der französischstämmige Autodesigner und -ingenieur Alain Clénet berufen. Sein im kalifornischen Santa Barbara gebauter Clénet Series I war ein prestigeträchtiger 488-cm-Roadster mit freistehenden Scheinwerfern und Kotflügeln, außenliegenden Auspuffrohr-Imitaten und großem Chrom-Kühlergrill, der an MG TC und TD erinnerte, tatsächlich aber von Lincoln stammte. Der Zweisitzer griff Stilmerkmale von Traumwagen der frühen 1930er Jahre auf, eiferte jedoch keinem konkreten Vorbild nach. Sensationell war die über zwei Meter lange Motorhaube, die für einen spannenden Kontrast zur Fahrgastzelle des britischen Zwergs kurz vor der Hinterachse sorgte.

Clint Eastwood
Im Heck stecken ein kleiner Kofferraum und ein 91-l-Tank – da muss der 235/75 R15-Pneu draußen bleiben.
1979er Clénet Series 1
Komm kuscheln! Kontaktscheue empfahl sich im engen MG-Innenraum nicht.

Wenn die Kabine auch beleibte oder große Zeitgenossen subtil durch ihr begrenztes Platzangebot diskriminierte, so bot sie denen, die hineinpassten, Komfort im Überfluss: Die Standardausstattung umfasste etwa Automatikgetriebe, Servolenkung, eine verstellbare Lenksäule, Cruise Control und Klimaautomatik. Auf Spiegeln, Heck- und Ausstellfenstern prangten geätzte Blumenranken. Ferner trumpfte das Interieur mit Conolly-Leder wie bei Rolls-Royce, englischem Wollteppich sowie umfangreich instrumentiertem Echtwalnuss-Armaturenbrett auf. Die Devise des Monsieur Clénet: „Meine Absicht ist, die exzellentesten Autos zu bauen, wie ich nur kann und so wenige zu bauen, dass sie wahrlich personalisiert werden können. Ich glaube, ich tue genau das.“

Dem ist schwer zu widersprechen: Stilistisch gehört Clénets Series 1 zu den harmonischsten Fahrzeugen seiner Art – nicht nur an der Front, sondern auch an Flanken und vor allem dem Heck, den gestalterischen Achillesfersen der meisten seiner Klassenkameraden. Zudem stimmte die Qualität: Spaltmaße, Verchromung, sowie die Verarbeitung von Leder und Stoffen erfüllten einen hohen Standard. So viel Maßarbeit hatte ihren Preis, weshalb Alain Clénet für sein Personal Luxury Car zunächst 27 und schließlich satte 60 Grands aufrief.

Clénet Series 1
Spiegel, Heck- und Ausstellfenster wurden per Säure verziert.
1979er US Car
Hübsch, aber funktionslos – der der blitzenden Pseudo-Krümmer. Banal, aber funktional: Der 6,6-l-Cleveland-V8.

Wie die Mitbewerber nutzte Clénet bevorzugt Großserientechnik. So stammte der Antriebsstrang der Einfachheit halber ebenso wie das Chassis vom Continental Mark IV, statt des 460ers stand jedoch nur der 400-ci-Big Block zur Verfügung. Gar nicht schlimm, denn der wesentlich in Alu und GfK gehüllte Clénet brachte mit 1630 kg Leergewicht gleich mal 760 kg weniger auf die Waage als ein Mark IV. Mit 427 Nm und 161 PS war der Series 1 weder rasant noch mit der weichen Federung kurvengierig, doch damit sehr zweckmäßig für Erstbesitzer Clint Eastwood: Gemächlich fahrend konnte der damalige Superstar auch viel besser gesehen werden. Im Jahre 2003, erzählt Kfz-Meister Andreas aus dem niedersächsische Sittensen, sei der zuletzt in North Carolina zugelassene Roadster nach Deutschland gekommen. „Ich habe den 1979er, eines der letzten Modelle der 250 Einheiten umfassenden Series 1, behutsam aufgearbeitet, aber noch nie TÜV-fertig gemacht – mein langjähriger Kunde ist ein echter Connaisseur, der auf die Schönheit des orangen Standlichts nicht verzichten mag und daher nur mit roter Nummer einige Treffen pro Saison ansteuert. Ich war mal mit, auch wenn der Fankreis dieser doch recht speziellen Autos hierzulande sehr überschaubar ist, fängt der Clénet nach wie vor alle Blicke!“ Und dazu muss nicht einmal der Clint am Lenkrad winken.

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Text und Bilder: Arild Eichbaum

1979er Clénet Series 1

Motor: OHV-V8, 400 ci, 6.590 ccm; 161 PS bei 3.400 U/min; 427 Nm bei 1.800 U/min, Bohrung x Hub in mm: 101,6 x 101,6 mm; Verdichtung 8,0:1; Motorcraft 2150 Doppelvergaser; Doppelrohrauspuff
Kraftübertragung: Dreigang-Automatikgetriebe Ford C6; Hinterradantrieb
Vorderachse: Einzelradaufhängung mit doppelten Dreiecklenkern; Schraubenfedern; Teleskopstoßdämpfer
Hinterachse: Starrachse; Längslenker; Schraubenfedern; Teleskopstoßdämpfer
Bremsen: Scheibenbremsen vorn / Trommelbremsen hinten
Räder: MacLean Drahstpeichenräder in 7 x 15″
Reifen: Vitour „Galaxy“ Weißwandreifen in 235/75 R15

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Dieser Artikel erschien in der Jubiläumsausgabe der CHROM & FLAMMEN (Ausgabe 06/2022).