
Luxus-Chevy: 1968er Caprice Coupe
Einer mit extra vielen Kreuzchen in der Aufpreisliste gehört Michael Zons.
Mit dem Caprice stellte Chevrolet Mitte der 60er ein neues Flaggschiff vor. Das kam manchen Angeboten, der in der GM-Hierarchie höher angesiedelten Marken, ziemlich nahe. Das Spitzenmodell glänzte mit einer reichen Serienausstattung und konnte mit exklusiven Extras weiter aufgewertet werden, die den niederen Serien vorenthalten blieben. Stolzer Besitzer dieses 1968er Caprice Coupe ist Michael Zons.
Wie in den 60er Jahren bei fast allen US-Herstellern üblich, gab es jedes Jahr ein Facelift für die Mid- und Fullsize Modelle. Bei Chevy natürlich auch, und hier wurde für das Modelljahr 1968 die Frontpartie der großen Wagen ähnlich der neuen Chevy II (Nova) Generation gestaltet: Scheinwerfer, welche sich etwas weiter zurückversetzt versteckten und in eckigen Blenden eingefasst waren. Hinzu kamen in der Grundausstattung geriffelte Blenden in den vorderen Kotflügelkanten, die wie Miniaturausführungen der 1965er Buick Riviera Scheinwerferblenden aussahen.
Ausstattung des Caprice
Die unterschiedlichen Serien bestanden aus: Dem Biscayne als Basismodell, dem Bel Air mit etwas mehr Ausstattung und dem Impala, der auch als Super Sport Vaiante zu haben war. Als „top of the line“ wurde schließlich der Caprice angeboten. Der war seit 1966 im Programm verfügte logischerweise über eine pompösere Ausstattung als die günstigeren Serien. Das hier gezeigte Exemplar verließ das Werk mit einem 396 ci Big Block in Verbindung mit einem Turbo 400 Automatik Getriebe. Im Gegensatz zum Impala war das Caprice Coupe nicht als Fastback lieferbar. Nur mit dem sogenannten „Formal Roof“, das insgesamt kantiger gestaltet war und eine steil stehende Heckscheibe hatte. Der Impala konnte allerdings 1968 wahlweise in bedien Varianten bestellt werden, damit es etwas unübersichtlicher wird. Ein Impala mit „Caprice“ Dach hieß dann „Impala Custom“ Als weitere Option standen die RPO T83 „Hideaway Headlights“ im Programm, wobei es sich um Klappscheinwerfer im Stil von Charger, Cougar oder Ähnlichen handelte. Dieses sehr seltene Extra war offiziell nur für den Caprice erhältlich, es wird zwar gemunkelt einige Impalas wären auch als COPO-Sonderbestellungen mit den Hideaway Headlights produziert worden, dokumentiert ist ein solcher Fall bisher aber nicht.
Astro Ventilation und 8-Track Player
Bei unserem Feature Car sind diese nicht verbaut, dafür aber die Corner Lights, die anstelle der oben erwähnten Blenden in den vorderen Kotflügelkanten montiert wurden. Diese Leuchten gehörten zur Standardausstattung des Spitzenmodells, für alle übrigen Modelle kosteten diese Aufpreis. Alle Caprice verfügten serienmäßig über das „Astro Ventilation“-System welches die „Rheumaklappen“ im Fußraum eliminierte und im Dashboard zusätzliche Öffnungen für Frischluft bereit hielt. Optisch entsprachen diese den Luftausströmern der Klimaanlage, welche gegen Aufpreis natürlich auch zu haben war. Das Dashboard selber zeigt sich dem damaligen „State of the art“ entsprechdend, mit viel Holzdeko und Chromknöpfen, um sich von den weiter unten angesiedelten Modellen zu unterscheiden.

Ein weiteres Feature unseres Big Block Chevys ist der seltene 8-Track Player. Der funktioniert sogar noch und ist oberhalb der Schaltkonsole angebracht. Leider hat Besitzer Michael Zons bisher nur zwei alte Kassetten zur Auswahl. Auf Dauer machen Aretha Franklin und Frank Sinatra nicht glücklich. Deshalb wurde ein modernes CD-Radio im Handschufach versteckt, damit man auch mal was anderes hören kann. Aber ohne für so ein hässliches Gerät das schöne Armaturenbrett zersägen zu müssen. Mangels adäquater Temperatur- und Spannungs-Anzeigen im originalen Dashboard wurde hier auf ein
Autometer-Zusatzinstrument zurückgegriffen. Diese können als durchaus zeitgenössisch gelten, denn diese Uhren werden seit den 60er Jahren verbaut. Das Grant Sportlenkrad, das an das Steuer eines 1970er Dodge Challenger erinnert, wirkt auch nicht deplatziert. Die damals sehr angesagten „Strato Bucket Seats“ waren ebenfalls ein Caprice-exclusives Extra, das gegen Aufpreis die schnöde Sitzbank ersetzte. Ergänzt wird die gute Stube durch die „Center Console“ mit dem coolen Horseshoe Shifter, der wohl nicht zufällig einem Schubhebel aus dem Flugzeugbau ähnelt und der inzwischen nicht mehr die Fahrstufen im originalen TH 400 Getriebautomaten, sondern in einem verstärktem TH 700 mit Overdrive wählt.
Schweizer Exportschlager
Elektrische Fensterheber, Innenbelüftete Scheibenbremsen vorne, elektrische Sitzverstellung und ein Vinyldach sind weitere Extras die damals beim Chevy Händler in der Schweiz „angekreuzelt“ wurden. Ja richtig, es ist wieder mal einer dieser Schweizer Exportmodelle mit guter Ausstattung. Die Eidgenossen hatten immer schon einen Hang zu üppig ausgestatteten US-Cars. Allerdings wurde dieser Caprice nicht wie viele andere GM-Fahrzeuge für den Schweizer Markt in Biel montiert, sondern wurde in Tarrytown im Bundesstaat New York produziert, um dann verschifft zu werden. Deshalb hat der Caprice auch einen Km/h-Tacho und Michael ergänzte den Chevy mit einem passenden Paar New Yorker Kennzeichenschildern.
Warum kauft sich ein 36-jähriger Kaufmann, der im Schwarzwald bei einem BMW Autohaus angestellt ist, ausgerechnet so ein altes Full Size Coupe. „Der Wunsch war schon immer da! Als Kind kannte ich Amischlitten aus Filmen, Fernsehserien und natürlich als Modellautos, welchen echten Jungen konnte das kalt lassen?“, berichtet Michael. Später folgte eine lange Opel-Phase, wobei zuletzt ein getuntes Kadett C Coupe dem Chevy weichen musste. Ein Ami musste jetzt her. Als er sich zwischen einem Dart und Coronet entscheiden wollte, lief ihm zufällig der Chevy über den Weg, und machte prompt das Rennen! Das war im Sommer 2009 und obwohl der Chevy in einem guten Zustand war, gab es doch einiges zu tun. Die Firma „Street Classics“ in Tiefenhäusern überholte vieles an der Technik. Zum Beispiel die Sperre der 3:07:1 übersetzten Hinterachse, die Bremsen, oder auch das komplette Fahrwerk, dessen Gummibuchsen über die Jahre gelitten hatten und ziemlich weich geworden waren. Frische Buchsen, zusammen mit neuen Gelenken und Federn mit einer dezenten Tieferlegung vorne, machten aus dem großen Coupe wieder einen sehr gut liegenden Wagen.
Michael gelingt es seitdem die gängigen Vorurteile gegenüber US Fahrwerken durch das Handling des Full Sizers zu entkräften und hat manche Zweifler bekehrt. Leider ging vor zwei Jahren der Motor „hopps“ und lief nur noch als 6-Zylinder nach Hause. Nach einiger Überlegung entschied Michael sich, den Originalmotor nicht auszutauschen sondern zu überholen und gönnte dem Caprice gleichzeitig einen neuen Auspuff mit Hooker Headers und Flowmaster Töpfen.
Chevy Caprice in neuem Lack
Im Moment ist er mehr als zufrieden mit dem stattlichen Zweitürer und es macht ihm auch Spaß mal damit zur Arbeit zu fahren. Da gibt es von Kollegen und Kunden immer nur „Thumbs Up“. Einzig der schon vorher aufgetragene VW-Farbton mit den nicht originalen Streifen im Super Sport Stil wären für ihn noch verbesserungswürdig. „Einen schwarzen hab ich mal gesehen, das wär’s, oder endlich mal den Farbcode entschlüsseln, was da original drauf war. Aber das hat auch Zeit, ist alles noch Zukunftsmusik!“ Dann auf eine gute Zukunft!
Text: Johnny Porsche
Fotos: Frank Mundus
1968er Chevrolet Caprice Coupe
Motor: OHV V8 (L 35), 396 ci, 6.490 ccm, 262 DIN PS (325 SAE PS), Verdichtung 10,25 :1, Edelbrock Vergaser, Hooker Headers, Flowmaster Auspuffanlage
Kraftübertragung: Viergang-Automatikgetriebe GM TurboHydramatic 700, Heckantrieb, Sperrdifferential, Achsübersetzung 3,07:1
Vorderachse: Einzelradaufhängung an doppelten Querlenkern, Schraubenfedern. Teleskopstoßdämpfer
Hinterachse: Starrachse an zwei Längslenkern, Schraubenfedern, Teleskopstoßdämpfer, Panhardstab
Bremsen: Innenbelüftete Scheibenbremsen vorn / Trommelbremsen hinten
Räder: Stahlscheibenräder „Rally Wheels“ in 7 x 15″
Reifen: General Tire „Grabber“ in 235 / 70 R 15
Dieses Feature ist in Ausgabe 02/2014 erschienen. Diese Ausgabe ist leider ausverkauft. Weitere Ausgaben findet Ihr in unserem Shop.